Hoeneß und so. Der Versuch einer ruhigen Einordnung nach dem Ranten heute morgen. Nach dem was man so liest, kann man inzwischen wohl begründet davon ausgehen, dass die 500 Millionen aus dem Stern-Artikel ihm gehören. Nach dem was man auch so liest, kann es gut sein, dass er straffrei davon kommt, weil er sich selbst angezeigt hat.

Die Aussage "er wollte ja, aber das Steuerabkommen wurde halt von der SPD torpediert" ist eine rhetorische Schutzschwalbe. Dass er sich sofort im Jännar gestellt habe ist zu beweisen. Sollte der Stern-Artikel vorher erschienen sein oder er davon erfahren haben, dann ist das als Aussage mehr als in Frage zu stellen. Um nicht zu sagen: Dann ist's a rechter Schmarrn.

Uli Hoeneß verkörpert den FC Bayern. Eine glatte Trennung zwischen Privatperson Hoeneß und *seinem* Verein ist schwierig. So sehr wie Hoeneß den #FCB gelenkt hat, erwarte ich, dass der FC Bayern - sollte das gefordert werden - in vollem Umfang mit den Behörden kooperiert und *alles* offenlegt. Und kein Gelaber von wegen Geschäftsgeheimnissen und Konkurrenz und so.

Wer als Privatperson 'ne halbe Milliarde (die bekannt scheint, vielleicht mehr) am Fiskus vorbeischleust, dem ist auch als Manager zuzutrauen, dass er nicht mit rechten Mitteln spielt.

Hoeneß hat sich selbst und den FCB immer als soziale Instanz präsentiert und sich als Gewissen der Liga aufgeführt. Das ist vorbei. Jede noch so positive Aktion des FC Bayern hat den Makel, dass man fragen muss: Hätte Hoeneß das mit den 85 Millionen hinterzogenen Steuern vielleicht aus der Portokasse bezahlen können?

Hier von "ist ja nur Geld" zu reden (hey, er immerhin keine Prostituierten umgebracht) oder zu betonen, dass Hoeneß ja im Rahmen des Gesetzes jetzt mit den Behörden kooperiert und somit moralische Wertungen egal sind, ist nur dann glaubhaft, wenn man auch sonst dieser liberalen Linie gefolgt ist und auch so argumentieren würde, hätte es Hopp oder Watzke erwischt.

Bei mir ist das nicht der Fall. Ich halte Steuerhinterziehung nicht für ein Kavaliersdelikt ohne Opfer. Und ich bin der Meinung, dass man bestimmte Dinge nicht tut. Ganz moralinschwanger. Ein Mann braucht einen Code nach dem er lebt. Darum bin ich von Uli Hoeneß unglaublich enttäuscht, weil er Wasser gepredigt und Wein gesoffen hat. Literweise. Ganze Fässer an Wein. Und darum möchte ich wissen, ob er nur als Privatperson so gehandelt hat oder auch der FC Bayern Dreck am Stecken hat.

Ich weiß, dass die Aussage ist: Der Verein bleibt. Aber wenn sich der Verein Vorteile durch Steuerhinterziehung, also Betrug, erschlichen hat, dann ist vieles befleckt, was man in den letzten 40 Jahren aufgebaut hat. Und dann weiß ich nicht, ob ich den Verein weiter unterstützen kann. Dann stünde die emotionale Zuneigung als Fan meinem Gefühl gegenüber, dass man Konsequenzen ziehen muss,wenn irgendwo gegen die eigenen Werte verstoßen wird. Auch wenn einem das weh tut. Das würde ich von Fans anderer Vereine auch erwarten.

Wie gesagt: Letzteres ist pure Spekulation. Aber jetzt zur Tagesordnung zurückzukehren und so zu tun, als beträfe die Causa Hoeneß den FCB nicht, das ist gezielte Scheuklappensicht. Wir sind mit Hoeneß nach oben gefahren und müssen jetzt gucken, ob wir mit ihm auch wieder nach unten fahren. Ich weiß es nicht. Ich hoffe es nicht. Aber wir müssen jeden Verdacht in diese Richtung ausräumen.

Und, auch das nur persönlich: Ich kann nicht verstehen, wie man bei der derzeitigen Sachlage ernsthaft Hoeneß weiter als Präsidenten sehen kann. Ja, vielleicht geht er straffrei aus. Und das ist dann rechtskonform, da gibt es keinen Freispruch zweiter Klasse.

Aber nicht alles was "nicht strafbar" ist, ist auch "richtig". Ein Präsident repräsentiert den Verein. Und wenn Hoeneß wirklich 500.000.000 (oder auch nur einen Bruchteil) am Fiskus und damit an anderen Steuerzahlern vorbeigeschleust hat, dann gilt: #NotMyPresident

Wie gesagt: Das sind alles meine persönlichen Ansichten. Das darf jeder anders sehen. Und vielleicht gibt es mildernde Umstände. Mag sein. Bei dem was momentan auf dem Tisch liegt habe ich einfach ein echt beschissenes Gefühl. Will sagen: Ich fühle mich dreckig, obwohl ich persönlich nichts Falsches gemacht habe. Ich hätte vor dem Barca-Spiel gerne 'ne andere Stimmung, aber es geht gerade nicht.

Mein Problem mit der Aussage: "Ist ja kein Schaden entstanden." Hoeneß hat wohl mehrere hundert Millionen ins Ausland geschafft und somit an irgendeinem Punkt geplant, einen finanziellen Schaden entstehen zu lassen. Woher der Sinnwandel?

Hier in der Gegend versenkt das Land Hessen gerade hunderte Millionen in den Flughafen Calden. Legitimiert das irgendwas? Wählt die Regierung ab. Tretet in die FDP ein. Hievt 'nen Wirtschaftsliberalen in die Regierung. Gibt Wege.

Die Zuweisung von staatlichen Hilfen hängt von der Gesamtmenge an vorhandenen Steuergeldern zusammen. Du nimmst dein Geld da raus und du triffst automatisch auch diejenigen die es brauchen. Weil am Ende nämlich nicht beim Prestigebau gespart wird, sondern bei der Sozialhilfe. Austeritätspolitik, ahoi.

Reply · Report Post