Lufthygiene-Katastrophe letzte Nacht: Beijing-Smog in Deutschland


Es wird ein paar Menschenleben gekostet haben und langfristig über Krebs auch noch kosten, aber Behörden finden Feuerwerk halt auch ein bisschen geil.

Die Feinstaub-Werte haben in der letzten Nacht wegen der in der Mitte und im Süden Deutschlands herrschenden Inversions-Wetterlage regional alles übertroffen, was normalerweise in Beijing stattfindet und regelmässig traurige pseudokruppige Schnappatmung bei hiesigen Medien auslöst. SMOG IN CHINA! UNS GEHTS JA NOCH GOLD! Denkste.

Nicht in der Silvesternacht. Die meisten Angaben über die Feinstaubwerte wurden inzwischen bauernschlau auf einen 24-Stunden-Mittelwert umgestellt. Das heisst, man kann nicht sehen, wie stark es in den Einzelstunden war. Ein 24-Stunden-Mittelwert ist halt immer ein bisschen weniger schlimm. Das ist, als ob man für die Evaluierung von Lärmschutzmassnahmen nie guckt, wies so bei der Rush Hour ist, sondern einen 24-Stunden-Mittelwert nimmt und sagt: brauchen wir alles nicht, läuft, weil der Schnitt mit den ruhigeren Nachtstunden unter den lustigen Grenzwert gedrückt wird.

Letzte Nacht gab es Stundenwerte von über einem Milligramm Feinstaub PM 10, das sind 1000 Mikrogramm, das 20fache des Tageswertes, der theoretisch nur einmal überschritten werden darf.

Wie gesagt, die Behörden veröffentlichen in ihrer Bauernschlauheit ("Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern") die Stundenwerte gar nicht erst, weil dann womöglich Journalisten aus ihrer Schlafstarre (HAM DIE NUR IN SCHINA) geweckt werden könnten und man fragen würde, warum man denn da nix macht, wenn mans schon vorher weiss, was an Feuerwerken geiler ist als an Dieselautos und vieles mehr. Aber eben, deswegen gibt es kaum Stundenwerte im Internet, aber die 24-Stunden-Mittelwerte zeigen, dass es zum Teil über ein Milligramm/1000 Mikrogramm ging.

Hessen veröffentlicht freundlicherweise die Stundenwerte und man sieht, dass auch an lauschigen Stellen wie Fulda atemberaubende Werte erreicht wurden http://www.hlnug.de/no_cache/messwerte/luft/luftschadstoffe/pm10-feinstaub.html Dass es in Frankfurt weniger war liegt nicht an der dortigen saubereren Luft, sondern dass solche Messstellen vor allem dort stehen, wo viel Verkehr ist (Ausfallstrassen) und nicht unbedingt dort, wo viele Leute Feuerwerk abbrennen.

Ja, es ist nicht jede Nacht Silvester. Aber die lungengängigen Partikel sind nun mal im Gekröse drin und die Werte waren schlimmer als das, was hierzulande traurige Artikel über die armen Menschen in Beijing triggert. Die selektive Wahrnehmung des Journalismus hierzulande überrascht und beelendet. Diese Werte in einer chinesischen Silvesternacht geben eine Geschichte. Passierts bei uns, nichts. Dafür frei erfundenen Blödsinn über einen sibirischen Kaltlufteinbruch, der nicht kommen wird, wie es aussieht.

Ich sehe keine Lügenpresse. Allenfalls Faul- oder Dummpresse. Und vielleicht fängt ja am Dienstag doch noch einer das Recherchieren ab und macht eine fleissige Geschichte über die Feinstaubwerte (stündliche Auflösung) in der Silvesternacht und fragt einen Arzt, was das bedeutet (Achtung, anstrengendes Telefonat! Steht nicht in Wikipedia!) und die zuständigen Politiker danach: Was findet ihr an Feuerwerk so geil, dass kleine Kinder, Asthmatiker, alte Menschen und solche mit Lungenkrankheiten eine Nacht im Jahr scheissegal sind?

Reply · Report Post