Ich geh hier echt durch die Decke.

Eben kam ein lieber Kollege zu mir. Er kann nicht lesen. Nicht schreiben. Er hat 3 zu 100% behinderte Kinder. Vor zwei Jahren fand er bei uns Arbeit. Und wir fanden ein wertvolles Mitglied unserer manomama-Familie. Es ist nicht immer einfach mit ihm, weil er sehr unregelmäßig zur Arbeit kommt und sehr oft Urlaub braucht. Der Kinder wegen. Wir aber alle tragen diese Situation. Gerne.

Eben stand dieser Mensch vor mir feuchten Augen vor mir: "Sina, ich muss hier kündigen, ich darf hier nicht mehr weiterarbeiten!"
"Wieso das?", fragte ich verdutzt.
"Weil das Jobcenter sagte, ich muss jetzt zur Zeitarbeitsfirma als Blechschlosserhelfer, sonst kürzen sie mir meinen Zuschuss für meine Kinder! Ich will aber nicht weg von hier. Und ich habe dem Jobcenter auch erzählt, dass ich nicht lesen und schreiben kann. Dass ich nicht Schicht arbeiten kann vom Jugendamt aus. Da hat der Mann gesagt, dass ich das einfach nicht erzählen soll. Aber die merken das doch und dann bin ich wieder arbeitslos!"

Völlig entgeistert stand ich da. Das Jobcenter wirbt meinen Kollegen ab für eine Zeitarbeitsfirma, bei der er vermeintlich ein paar Cent mehr die Stunde bekommt. Wenn er immer pünktlich ist. Im Schichtdienst. Völlige Utopie. Das Jobcenter vermittelt in Arbeitslosigkeit. Ich geh kotzen. Vorher aber telefonieren. Mit dem verantwortlichen Teamleiter des Jobcenters.

Ein sehr gutes Gespräch. Da sei was schief gelaufen, dem müsse man nachgehen, sagte der Teamleiter. Wir sprachen weiter. Der Teamleiter berichtete von den Absurditäten der Quote. "Mittlerweile müssten wir direkt zweimal vermitteln, damit wir die Integrationsquoten irgendwie schaffen, die uns auferlegt werden! Nachhaltig ist etwas anderes!"

Wir haben uns auf zwei Dinge geeinigt: der Teamleiter kümmert ich darum, dass unser M. weiter bei uns sein darf, nicht mehr gegängelt wird. Ich hingegen werde morgen mit Heinrich Alt, dem BA-Vostand reden, und ihn mal wieder bitten, die Quoten zu überdenken. Für eine bessere Zusammenarbeit von Vermittlern und zu Vermittelnden. Für alle Beteiligten. Für Menschen.

So, und jetzt einen Kaffee.


(Für meine Unken: das Veröffentlichen der Geschichte ist mit meinem Kollegen abgestimmt)!!!!

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