yadayadayy

Fremde · @yadayadayy

3rd Jan 2015 from TwitLonger

Brief 1 an Michael Wollmann


Hallo Michael,



es folgt eine Auseinandersetzung zwischen dem Begriff Philosoph und dem Begriff Denker. Vielleicht möchtest du daran teilnehmen.

Philosophie als Liebe zur Weisheit ist der Begriff wie ihn die Antike gesetzt hat. Mit dieser Begriffssetzung wird nicht mehr voraussetzungsfrei gedacht. Weisheit wird nicht bloß als Möglichkeit eingeführt, sie wird als Gewissheit gesetzt. Die Frage bleibt ausgeblendet, ob Weisheit in dieser Existenz überhaupt realisierbar bzw. existent ist. Eine ausgeblendete Frage ist kein umfassendes Denken. Am Ende formulieren die Philosophen der Antike ihre Privatweisheiten, die durchaus nicht die Zustimmung aller denkenden Menschen erhalten müssen. Liebe zur Weisheit geht noch weiter, leidenschaftlich soll diese Weisheit nicht bloß gedacht, sondern gefühlt werden. Liebe findet nicht immer die passende Erklärung für ihre Gefühle, während Philosophie sich durchaus entgegen ihrer Namenssetzung damit rühmt auf Gefühlseingaben zu verzichten. Das Denken geht vom Körper aus, findet in Erschöpfung oder in Frische statt (=Körperlichkeit), ist geleitet von und durch Gefühle. Fühlt sich ein Satz richtig an, wird er dem eigenem Gedankengefüge einverleibt. Denken umgeht Gefühle nicht, es zerrt davon. In einer antwortarmen Existenz kann der Philosoph nur zu Sätzen ohne Fragezeichen gelangen, wenn er sich auf sein Körpergefühl verlässt und ein vorübergehendes Urteil fällt – oder weniger harsch - seine Vermutung bekundet. Eine antwortarme Existenz erlaubt keine universelle Weisheit. Ein Verhalten fühlt sich weise an. Der Verzicht auf Besitztümer scheint plausibel, wenn der Tod ohnehin die Besitztümer wieder abzieht. Gleichzeitig ist es plausibel im Leben die Besitztümer anzuhäufen, denn in irgendeiner Form muss die Lebenszeit ausgefüllt werden, und wenn es keine Anleitung gibt, dann ist alles zulässig. Der Philosoph hat seine Weisheit und der Reiche hat seine und der Arme hat ebenso seine eigene. Kann keine der Weisheiten mit einer universellen Weisheit verglichen werden, sofern das Universum absichtslos existiert, dann ist keine der Weisheiten richtig oder falsch. Es sind bloß Gedankenmöglichkeiten, denen sich gefühlsmäßig angeschlossen werden kann oder nicht. Gedanklich ist keine Einigung erzielbar. Ich gehe der Ansicht nach, dass Weisheit die den Namen verdient nicht existiert und daher auch nicht angestrebt werden kann. In einer Existenz, die einen verzweifeln lässt – kann bei Aufrichtigkeit – keine Satzbausteine gefunden werden, die in aller Weisheit für die sogenannte Seelenruhe sorgen. Offene Fragen beunruhigen nur jene nicht, die bereits ihre Antworten gefunden haben und die Offenheit zugemauert haben. Ich denke über vieles nach. Ich versuche mein Bestes, ich bin sicherlich nicht der klügste Mensch, den die Erde je gesehen hat. Ich denke jedoch sehr innig und mache dafür manche Denkdefizite weg, oder auch nicht. Bei meinen Denkversuchen könnte ich auf manche als Philosoph wirken, da mit einem Philosophen eben jenes innige Existenzdenken verbunden wird. Meine Sätze die die Weisheit in Abrede stellen heben jedoch gleichzeitig den Titel Philosoph auf. Übrig bleibt ein denkender Mensch. Ich bin nur ein Mensch, der über seine Existenz nachdenkt. Lange Zeit habe ich mir auch die Bezeichnung Philosoph auferlegt, weniger der Begriffsdefinition, sondern einzelner Denker wegen, die unter diesem Begriff in aller Eigenständigkeit mit reichen Gedanken aufgewartet sind, ohne jedoch in der Weisheit angekommen zu sein. Ich würde mich nicht grundsätzlich daran stören weiterhin als Philosoph bezeichnet zu werden, da ich einerseits die Linie zu den Vordenkern sehe, anderseits all die Bezeichnungen und Titel ohnehin keinem sonderlichen Gewicht geben möchte. Es ist nur eine Schublade, wie diese ausgefüllt wird, ist das prägnante. In Genauigkeit aber lehne ich die Bezeichnung Philosophie inzwischen auf mich angewandt ab, da ich keine Weisheit anzubieten habe. Ich folge einzelnen Gedanken, halte sie für erstrebenswerter als andere, würde diese jedoch nicht als Weisheit klassifizieren. Es ist nur die Ausrichtung für die ich mich entschieden habe. Nicht vollkommen willkürlich, jedoch auch nicht im Einklang mit irgendeiner Form der Wahrheit. Die Antike verstand die Philosophie noch als Ausrichtungsapparat, an den Göttern wurde ohnehin nicht sonderlich gezweifelt. Erst später wurde unter Philosophie mehr als nur eine Tugendanleitung verstanden. Die Existenz wurde näher auf ihren Grund und Boden hin »befragt«. Noch immer wichen dabei die Götter nicht und so waren viele Fragen insgeheime Einleitungen zu Antworten ohne jeden Boden. Philosophie hat nach wie vor keine Einheitlichkeit, die einen verstehen darunter Lebensweisheiten zum Besten zu geben, andere dem Sein seinen Anfang zuzuweisen/nachzuweisen. Philosophie findet privatisiert statt, auch wenn sie im Diskurs geführt wird. Ein Neukantianer ist eben doch kein Kantianer, da er sonst Kant um keine Zeile ergänzen müsste. Der Philosoph, der dem anderen folgt, mag sich in den Fußstapfen ansatzweise halten, doch legt er dabei unweigerlich neue Spuren und verwischt dabei alte. Ob dies für erstrebenswert oder verachtenswert gehalten wird, hängt abermals von der eigenen Privatphilosophie an. Für wen alles nach Platon nur noch Fußnoten zu Platon sind, der wird das Übergehen von Platon kaum ertragen. Ich halte die Philosophie nicht für ergiebig, da sie keine Antworten hat. Sie gibt nichts her, sie verharrt in den Fragen. Nur geben die anderen Tätigkeiten noch weniger her, da sie Antworten produzieren, die bei näherer Betrachtung keine sind, sie einen unbrauchbaren (»Antworten«-)Überschuss erzielen. Die Unergiebigkeit der Philosophie ist nicht ihr persönliches Defizit, die anderen menschlichen Tätigkeiten sind dem gleichen Mangel erlegen. Die Unergiebigkeit ist allerdings auch nicht ihr Erfolgskriterium. Ich hoffe, ich zitiere dich nicht ungerecht, aber du hast sinngemäß einmal geschrieben, du würdest hoffen, es gäbe nie eine perfekte Philosophie. Ich hätte nichts dagegen einzuwenden, wenn alle Existenzfragen eine belegte Antwort erhalten. Philosophische Reden führen nur der Rede wegen halte nicht für erstrebenswert. Ich gehe nicht davon aus, dass alle Fragen in eine Antwort überführt werden können, ich glaube nicht an eine perfekte Philosophie. Vielleicht meintest du damit, dass geschliffene Methoden, die Verfolgung nur eines Weges, des gewinnbringendsten, all die kleinen Nebenwege zuschütten würden, die auch interessante Gedanken abwerfen. Dem würde ich zustimmen. Gäbe es allerdings ein Weg, der konkret zur Antwort führt, läge nichts daran, die Nebenwege aufrecht zu erhalten, die in die Irre führen. Es sei man heißt Nietzsche und zieht generell eine »gute« Lüge der Wahrheit vor. Nun existiert dieser eine Weg nicht. Philosophie hat nach wie vor keinen Stadtplan der Gedanken, geschweige der Existenz. Jeder Mensch entwirft seine eigene Karte. Und auch jene halten sich noch für Philosophen, die ich nur noch als Toren bezeichnen kann. Der Titel Philosoph steht jedem frei, auch jenen, die neue Lügen in die Welt setzen. Du hast vor kurzem dich als Denkender bezeichnet, und bist damit von deiner früheren Bezeichnung Philosoph abgewichen. Du schriebst, du würdest dich zwar weiterhin als Philosoph verstehen, aber der Begriff klänge etwas zu gesetzt und fertig mit allem, Denkender würde mehr die offene, unabgeschlossene Denkbewegung in den Vordergrund rücken.

Ein Denker, denkt. Ein Philosoph liebt die Weisheit. Das sind große Differenzen. Eingangs schrieb ich bereits, wie der Philosoph zu viel Nicht-Voraussetzbares voraussetzen muss, zum Beispiel, dass Weisheit möglich ist. Ein Denker kann auch die Weisheit in Abrede stellen, der Philosoph nicht, denn dies ist der Nährboden, der Antrieb seiner Fragen. Insofern ist der Denker rückständiger, nicht bodenlos. Immerhin agiert er mit Gedanken, schreibt ihnen eine Wertigkeit zu, dass es sich lohne zu denken, das ist sein Boden. Der Denker steht weiter in den Antworten zurück, der Philosoph ist schon ein Stück vorgerückt, hält Antworten für möglich oder meint sogar ein paar davon im Angebot zu haben. Ich bin lieber ein rückständiger Denker, als weiter vorzurücken, als es die bisherige Existenzsichtung gestattet.

Es gibt jenen Zweig der sich PhilosophiePhilosophie nennt, und der ein gesteigertes Nachdenken über die Philosophie anstrebt. Nahezu jeder Philosoph war versucht Gedanken über die Philosophie abzuliefern. Dabei wäre es meines Erachtens erstrebenswerter in der Philosophie bzw. im Denken zu bleiben (das ist bereits auch eine Philosophie über Philosophie), und der Existenz in ihrer Spur zu folgen, oder ihr gar auf der Spur zu sein, bis zu jener Stelle, an der jede Spur versiegt. Ob jemand der seine Lebensweisheiten für Philosophie hält oder seine Götterkunde nun tatsächlich Philosophie betreibt, kann nicht durch eine weitere Philosophie entschieden werden. Eine andere Philosophie würde diese Philosophie wieder in Abrede stellen oder unterstützen und so weiter. Es ist wohl müßig darüber zu diskutieren, was konkret als Philosophie gelten soll oder nicht. Ich würde behaupten es wird an der Wahrheit entschieden (Und dann gibt es kein Entscheidungskriterium, denn wer hätte die Wahrheit?). Oder an den primären Fragen. Viele Philosophien versanden in Fragen, die für mich keine Frag-würdigkeit aufweisen, um einmal mehr die feine Wortscharfzeichnung von Heidegger aufzugreifen. Versuche sich eine Welt zu erdichten a la Nietzsche können durchaus als nichtphilosophisch bezeichnet werden, wenn auch das Gesamtwerk von Nietzsche so viele scharfe Gedanken aufweist, dass einem doch nicht der Gedanke kommt ihn als Nicht-Philosophen zu bezeichnen. Aber ihm selber hätte an diesem Titel ohnehin nichts gelegen, er wäre durchaus bereit gewesen ihn herzugeben. Er ist etwas anderes, er ist sein eigener Denker. Nicht immer Denker der Wahrheit, aber Denker seiner eigenen Gedanken. Ob dies geschätzt wird, hängt davon ab, was der einzelne sucht. Sucht er reizvolle Gedanken oder sucht er Wahrheit. Wer Wahrheit sucht, wird von Nietzsche enttäuscht sein, wie er von jedem Menschen enttäuscht sein wird. Wer anregende einzelne Gedanken sucht wird in Nietzsche eine wahre Fundgrube entdecken. Philosophie ist wie Denken die Bewegung in eigenen Wertsätzen. Jeder Satz, jeder Gedanke, ist eine eigene Wertsetzung und nie wertfrei. Wahrheit fügt sich wohl nicht in Sätzen und so haben all die philosophischen wie nicht-philosophischen Sätze für die Wahrheit wohl keinen wert. Übrig bleibt Philosophie und Denken als Versuch gegen das anzugehen, was einen untergehen lässt. Wobei »die« Philosophie gelegentlich dabei noch den Einklang ausruft und darin ihren Wert sieht. An-gehen, insofern der Widerstand, der Gegenwind, die Nicht-Antwort ist. Vielleicht ist dieses Angehen nicht sehr weise, aber mich geht diese Existenz etwas an, solange ich lebe, und solange gehe ich gegen die Nicht-Antwort an. Ich komme nicht zu einer Antwort, aber vielleicht zu einer besseren Frage. Das ist unterm Strich uner-giebig, aber mehr gibt das Leben denkend nicht her. Oder wie nun vielleicht jemand einwenden würde, mein Denken. Denn das Denken der anderen führt durchaus zu Antworten, ihren Antworten. »Die« Existenz schweigt derweil nicht, da sie wohl nie erstmalig sprechen kann. Weniger interessant erscheint mir, was unter Philosophie verstanden werden kann, soll, muss. Interessant erscheinen mir Gedanken, die die Existenz rücken. Nicht in Perspektive rücken, dann dafür benötigt es den Vergleich zu etwas, das nicht Existenz ist. Existenz kann mit nichts verglichen werden. Interessant erscheinen mir Gedanken die der Existenz in ihren Anfängen naherücken. Anderen würde diese Denkpräferenz nicht genügen, ihnen läge vielleicht vielmehr an Gedanken die sie nicht bedrücken. Ihre Sätze bilden ein anderes Wertekorsett. Jeder muss für sich festlegen, was er in seinem Denken anstrebt, und was ihm möglich scheint und wie er dies titulieren will. Vielleicht als Philosophie? Es wäre wohl schön, wenn Raum für die Frage bleibt, kann das Denken einer gedankenlosen Existenz, einer Existenz, die nicht aus Gedanken entspringt (meine Behauptung), genügen? Muss es nicht unweigerlich scheitern? Das soll nicht dazu anstiften, dass Denken einzustellen. Nur es in seiner Wertigkeit adäquater zu bewerten. Ich gehe davon aus, dass Denken erstrebenswerter ist als das Nicht-Denken, ohne dass damit das Denken sonderlich wertvoll wird. Es ist nur das wenige Habe eines unausweichlich absterbenden Menschen. Warum leichtfertig sein bisschen »genuines« Habe gegen fremdes Habe eintauschen? Damit meine ich die Zerstreuung. Das Denken macht mich nicht weiser, es schafft sogar neue Torheiten. Dennoch macht mich das Nicht-Denken zielgerichteter dümmer. Daher bleibe ich vorzugsweise beim Denken.

Ich hoffe meine Ausführungen erdrücken dich nicht, und lassen dir genug Raum für deine Wertsetzungen. Mir war es wichtig die Differenz zwischen Denken und Philosophie herauszuarbeiten. Das Denken stellt sich idealerweise noch selbst in Frage (wenn auch nie als absolute Ortlosigkeit, jede Infragestellung bleibt im Denken, ganz in Abrede kann das Denken daher nie gestellt werden), während die Philosophie bereits zwei wichtige Fragen überspringt (Gefühlsgesteuertes Denken sowie die Existenz der Weisheit). Ich habe in meinen bisherigen Schriften hin und wieder die Bezeichnung Denker der Bezeichnung Philosophie vorgezogen. Anderseits auch wieder mit dem Titel Philosoph kokettiert. Letztlich ist auch die Bezeichnung Denker noch sehr anfällig, schließlich suggeriert, sie reine Geistigkeit, während der ganze Körper in seiner Triebwucht das Denken (mit-)steuert. Mit dem Denker ist auch kein beruhigender Abschluss oder Anfang gefunden. Das hat seine Gründe, da die Frage nach wie vor offen bleibt, was der Mensch genau ist, was diese Körperlichkeit ist, und dies nicht allein mit Zell- oder Gottverweise beantwortet werden kann. Was bin ich also, wenn ich nachdenke? Was tue ich da? Was ist dieses »ich«? Für viele sind das überflüssige Fragen. Für mich nach wie vor Primärfragen. Ich beginne mit dem Denken (als Zusammenschluss und Vergegenwärtigung der Gedanken, Gedanklichkeit), beginne in aller Körperlichkeit aber nicht mit dem Denken, sondern vor dem Denken. Ich bin ein Mensch der nachdenkt und eigentlich nicht weiß, was dieser Satz besagt, da ich weder das Ich einer Antwort zuführen kann, oder dem Begriff Mensch oder dem Denken. Ich bin etwas anderes als ein Denker. Mir ist schon klar, dass dies bloß Rollenbezeichnungen sind, aber ich weiß gar nicht welche Rolle ich in dieser Existenz spiele. Denker, Philosoph ist eine Gesellschaftsbezeichnung. Ich als Sterbewesen bin etwas anderes als Gesellschaftsprodukt. Ich bin zuerst Existenzprodukt, so dass mir eine auferlegte Rolle nicht genügen kann, auch nicht selbstauferlegte, da ich gar nicht weiß, was es mit diesem Selbst auf sich hat. Ich denke in den meisten Momenten meiner wachen Existenz nach, weil ich ein Gehirn habe, das mit »meiner« Unterstützung Gedanken produziert. Was ich von diesem Vorgang halten soll, und von den Gedanken, darüber bin ich unschlüssig. Weisheit wohnt mir offensichtlich nicht inne. Ich kann daher nicht in der Philosophie als Weisheit wohnen. Sicherlich kann ich Philosophie für mich neudefinieren, neubeleben, bleibe mit der Begrifflichkeit jedoch im Kontext der Philosophiegeschichte verhaftet. Ich kann niemand belehren und kann auch keine Lehren aus dieser Existenz ziehen. Ich kann werten, jedoch ist das etwas anderes. Denker trifft es besser, da es nur besagt, dass ich in der Tätigkeit Denken verhaftet bin. Was sich daraus ergibt bleibt offen. Mir hat es sehr die Begrifflichkeit Fremde als Belegung für alle Existenzvorgänge angetan. Fremde führt mich zur Fremde, nie zur Weisheit. Fremde führt mich zu Gedanken, wie dieser Text belegt, jedoch bleiben sie für mich Fremde, da der Vorgang Universumsentstehung, der Vorgang Zellentstehung, der Vorgang Menschentstehung, der Vorgang Stefan-Dehn-Entstehung rätselhaft, fremd bleibt. Es sind meine Gedanken, jedoch nähren sie sich aus Fremde und können aus der Fremde nicht ausbrechen, auch sie können mir keine Heimat bieten. Im Denken bin ich obdachlos. Ich bin kein Denker und ich bin kein Philosoph, ich bin etwas anderes, ohne dieses was benennen zu können. Dies ist keine Attitüde und auch nicht der Versuch mich abzugrenzen, spezieller zu gestalten. Jeder ist dieses namenslose »etwas anderes«. Oder eben genau das: Fremde.

Vielleicht kannst du mit diesen Gedanken nichts anfangen. Umso besser für dich, nehme ich an, nun kannst du gleich umwegslos deine eigenen fabrizieren. Mein Bild von der Philosophie und dem Denken verändert sich stetig, das bringt das Denken mit sich. Vor zwei Jahren wäre dieser Text anders ausgefallen und vielleicht fällt er in zwei Jahren wieder anders aus, oder gleich ganz aus, ohne dass damit ein Progress erzielt ist. Denken ist Augenblicklichkeit. Ich habe dir nun mein Gedankenaugenblick angeboten, vielleicht magst du mir deinen anbieten. Deiner mag kürzer ausfallen oder länger, oder sich bloß in all seiner Länge in Kürze niederschlagen. Ich komme oft erst über die sogenannte Länge zu mir. So war mir am Anfang des Briefes noch gar nicht klar, dass ich auch mit der Bezeichnung Denker nicht zufrieden bin. Ich wollte sogar ein Plädoyer für die Bezeichnung Denker/Denkender halten. Nun habe ich keinen Satzersatz für die entstandene Lücke bzw. genuine Lücke anzubieten. Ich ende mit einer Frage, nicht an mir selbst, denn ich kann das nicht beantworten, da mein Menschsein, nicht allein in meiner Körperlichkeit entschieden wurde, sofern der Begriff Entscheidung überhaupt angebracht ist. Die Frage verpufft im Nichts, da sie wohl nur dort so etwas wie eine Antwort hat oder eben genau das die »Antwort« ist.



Gruß Stefan

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