wirrbel

Holger🇪🇺 · @wirrbel

28th Dec 2013 from TwitLonger

Das Prinzip des Nachtcafes mit Wieland Backes ist simpel: Zu einem Thema werden verschiedene Gäste eingeladen, die verschiedene Geschichten zu erzählen haben. Die Redaktion wählt diese sorgfältig aus um verschiedene Aspekte des Themas abzudecken und Wieland Backes muss als Moderator einfach von Gast zu Gast springen und einfach die Erzählungen aus den Gästen hervorkitzeln.

Eigentlich ist das Nachtcafe kein Ort für Konfrontation und Streitgespräche, eher dafür mehrere Seiten der Medallie zu präsentieren und im besten Falle harmonieren auch die Gäste und nehmen dem Moderator den Job fürs interessierte Nachfragen weg. Nachtcafe-Gäste können damit rechnen nicht vom Moderator in die Zange genommen zu werden.

Taugt das Format also für polarisierende Themen wie Esoterik? Erstaunlicherweise wesentlich besser als eine Talkshow mit einem konfliktbasierten "Ring-Frei" Gesprächsmodell. Leider ging dann doch einiges schief.

Natürlich interessiert an so einer Talkshow nicht der Erkenntnisgewinn über Esoterik für mich als Skeptiker, sondern eher, wie ich glaube, dass die Diskussion bei der Allgemeinheit ankommt, insbesondere bei den Esoterik-affinen oder zumindest Esoterik-offenen in der Bevölkerung.

Insgesamt gab es einen spürbaren Überhang an Esoterik-Vertretern. Bernd Kramer und Ursula Caberta waren insgesamt sehr sichtbar, aber Mangels Mehrheit in der Runde konnten sie oft nicht vorhand- sondern Rückhand-spielen. Der Gast mit der Esoterik-Opferrolle beschränkte sich aufs erzählen der eigenen Geschichte (sehr stark sich damit ins Fernsehen zu trauen.).

Ursula Caberta war am besten, wenn Sie Schicksale von Esoterik-Opfern erzählte, als Zuschauer spürt man dann, dass Sie sich um die Esoterik-Opfer sorgt und "das Herz am rechten Fleck hat".

Bernd Kramers Rolle als Undercover-Wahrsager hat ihn viele Sympathiepunkte gekostet, insbesondere bei dem Publikum, das auf den ganzen Humbug anspringt. Der argumentative Gewinn für die Diskussion war dann auch eher Mau: "Ich habe mich fälschlicherweise als Wahrsager ausgegeben" beweist eben nicht, dass alle Wahrsager Betrüger sind und hat insgesamt einfach Zeit aufgefressen in denen man die Esos hätten zerlegen können. Abgesehen hiervon hat Bernd Kramer doch ausgezeichnet Kontra gegeben. Es ist ja schon schwierig sich bei so viel Scheinheiligkeit zu beherrschen.

Die "gefährlichsten" Gäste waren übrigens die anwesenden Esoterik-Kunden, denn diese genießen viel Sympathie und sind kaum angreifbar oder kritisierbar.

Was hat gefehlt?

- Ein Psychologe der Auskunft über Suggestion, psychische Abhängigkeit etc. geben kann

- ein besonnener, aufgeklärter Kirchenvertreter (allein aus dem Grund dass er einen einen Graben in die Glaubens- und Engelfraktion gezogen hätte)

- ein bisschen mehr Futter gegen die anwesenden Sterndeuter und Kartenleger. A la: "Ich hab zweimal bei Ihnen angerufen, und beide Male haben sie was anderes gesagt" etc.


Und zu guter Letzt:
- Mehr Einzelschicksale -- den damit gewinnt man das Publikum

Und das ist glaube ich das Fazit das man aus dem Auftritt ziehen kann: Die Skeptiker müssen verdeutlichen, dass Opfer keine Einzelfälle sind, wie sehr Leute und Familien unter esoterischem Gedanken gut leiden und wie ausbeuterisch die Wahrsager sind. Ich glaube in einer solchen Diskussionsrunde sind Lebensgeschichten wesentlich durchsetzungsfähiger als Sachargumente.

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