Friedrichs Bankrotterklärung

Die Bürger sind ja auch selbst schuld. Sie posten bei Facebook ihre Urlaubsbilder. Und twittern, wen sie wählen. Kein Wunder also, wenn der US-Geheimdienst leichtes Spiel hat, die Kommunikation von Millionen von Menschen zu überwachen. Die Deutschen, so sagt es Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), müssten mehr für ihren Datenschutz tun: Verschlüsselungstechnik oder Virenschutz benutzen. Nur: Das würde nichts bringen.

Zunächst einmal zeugt diese Haltung von massivem Unverständnis darüber, was die NSA eigentlich macht. Sie speichert laut US-Informant Edward Snowden millionenfach Verbindungsdaten - nicht nur bei Facebook. Sie weiß, wer wann mit wem telefoniert hat. Daraus kann sie ein Profil erstellen, ein Netz an persönlichen Kontakten einer Person. Das ist mehr wert als der eigentliche Inhalt einer Mail oder eines Telefonats.

Das heißt: PRISM betrifft jeden. Wirklich jeden. Auch die, die keinen Facebook-Account haben. Wer Bürgern den Rat gibt, besser auf die eigenen Daten aufzupassen, beweist, dass er von diesem Abhörprogramm erstaunlich wenig Ahnung hat. Er bedient lediglich das schale Klischee der Facebook-Hasser, die sich diesem neumodischen Zeug eh schon die ganze Zeit verweigert haben. Denn auch sie werden überwacht. Ob sie sich schützen - etwa durch Facebook-Abstinenz - oder nicht.

Eine Bankrotterklärung ist Friedrichs Statement auch noch aus einem zweiten Grund: Es ist nicht die Aufgabe der Bürger, ihre eigene Kommunikation zu schützen. "Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich", heißt es in Artikel 10 des Grundgesetzes. Abhörfreie Telefonate sind ein Grundrecht. Dieses Grundrecht zu schützen, ist Aufgabe des Staates. Es darf nicht privatisiert werden.

Darauf müsste Friedrich eigentlich hinweisen. Im NSA-Skandal trifft er einfach nicht die richtige Tonlage. PRISM habe einen "edlen Zweck", sagt er, habe bereits fünf Terroranschläge in Deutschland verhindert. Die Beweise dafür seien zwar geheim und damit nicht nachprüfbar. Aber anstatt zu kritisieren, dass sich Geheimdienste hier der demokratischen Kontrolle entziehen, gibt er den Bürgern Tipps für mehr Datenschutz. Friedrich hat die Dimension der Grundrechtsverletzung offenbar nicht erkannt.

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