SpatzenKasten

Justus · @SpatzenKasten

19th Feb 2013 from Twitlonger

@incredibul Anbei mal ein paar etwas längere Gedanken. /cc @rheto @DaRealGonzo @midgift @elzoido
Es gibt in der Debatte ein paar Grundlegende Konflikte, der heftigste entspinnt sich um den Begriff des Politikers. Während die eine Gruppe den Begriff sehr weit spannt fasst die andere ihn sehr eng auf.
1. Definition: Ein Politiker ist jemand sobald er politisch aktiv wird, also beispielsweise einer Partei beitritt.
2. Definition: Ein Politiker ist jemand sobald er für ein Amt antritt oder ähnlich größere Verantwortung für sich beansprucht.

Der Unterschied der Definitionen wird im Spannungsfeld der Transparenz deutlich: Während die Anhänger der ersten Definition wie selbstverständlich für alle Parteimitglieder völlige Transparenz ihrer Entscheidungen verlangen ist diese Vorstellung den anderen ein Greuel.

Meiner Meinung nach liegt der ersten Definition eine grundlegende Fehleinschätzung zugrunde die ich hier kurz darlegen will:
Parteien haben in der BRD eine spezielle im Grundgesetz festgelegte Aufgabe, sie "wirken bei der Willensbildung des Volkes mit". Im Grundgesetz werden die Parteien dadurch meiner Meinung nach als niedrige und direkte Schnittstelle zum Volk vorgesehen. Je niedriger und direkter diese Schnittstelle ausfällt, umso besser ist das Ergebnis, im Moment ist es offensichtlich, dass das Ergebnis schlecht ist. Die Parteien und die Politiker entfremden sich immer mehr vom Volk. Die Piratenpartei könnte hier eine neue und notwendige Schnittstelle sein, die erste Definition entpuppt sich aber hier als Hindernis.

Wenn jeder Bürger durch seinen Beitritt zur Partei zum Politiker wird, muss jeder der diesen ersten und wichtigsten Schritt zur Partizipation machen möchte bereit sein auf grundlegende Freiheiten zu verzichten. Als Politiker ist man automatisch Person des öffentlichen Interesses, und Entscheidungen und Meinungen müssen genau dokumentiert werden. Das bedeutet für Personen für die diese Dokumentation ein Problem darstellt wird diese Definition zum Ausschlusskriterium der Partizipation. Paradoxerweise würde also der Einsatz einer personenbezogen Transparenten Partizipationslösung, beispielsweise von Liquid Feedback, die Hürden zur Teilnahme erhöhen. Legt man im Gegensatz dazu die engere Definition an gelangt man automatisch zu dem Schluss, dass der Bürger auch nach seinem Parteibeitritt ein Bürger bleibt. Mit allen Rechten versteht sich, insbesondere eben NICHT unbedingt für seine Meinung "einstehen" zu müssen.
Die zweite Definition ist also die, die am Ende für mehr Bürgerbeteiligung durch weniger Ausschluss sorgt.

Als Konsequenz dieser Abschätzung bleibt mir natürlich nichts anderes übrig als Systeme die auf personenbezogene Transparenz setzen grundsätzlich abzulehnen. Selbst ohne Berücksichtigung der fehlerhaften Annahme, dass Transparenz ein wirksamer Schutz vor irgendwelchen Manipulationen wäre. Siehe: http://www.twitlonger.com/show/jsl5c2 Alternative Systeme die der zweiten Definition entsprechen zeichnen sich durch niedrige Hürden aus, beispielsweise dürfen dort auch Nichtmitglieder Beiträge/Anträge erstellen oder Kommentare/Argumente hinterlassen. Der Versuch eine perfekte authentifizierung seines gegenüber zu erreichen (Bundeskiste, etc.) ist letztenendes nur eine logische Schlussfolgerung aus der Fehldefinition von Politiker.

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