#Weltkulturerbe an der #Oste? - Arbeitsgemeinschaft bilanziert 2011 und blickt auf 2012 voraus #Tostedt

"Das schöne, aber schwache Herz des Elbe-Weser-Dreiecks braucht dringend Stärkung.“ Diese Bilanz zog in seiner Jahresabschlusssitzung in Oberndorf (Landkreis Cuxhaven) der Vorstand der gemeinnützigen Arbeitsgemeinschaft Osteland, die sich als Lobby für das 1.800 Quadratmeter große Einzugsgebiet der Oste versteht.

Geprägt war das Jahr 2011 am längsten Nebenfluss der Niederelbe nach dem Urteil des Osteland-Vorstands von gegenläufigen Trends: Bei anhaltender ökonomischer und demographischer Schwächung der Flussregion seien einige Teilerfolge bei den Bemühungen erzielt worden, die Wirtschaftskraft des Ostelandes durch die Entwicklung eines sanften Tourismus zu stärken und zugleich das Kultur- und Naturerbe zu bewahren.

Gesteigert worden ist der Bekanntheitsgrad des einstmals "vergessenen Flusses“, so der Osteland-Vorsitzende Jochen Bölsche (Osten), nicht nur durch die Aktivitäten der Verbandstouristiker in den Landkreisen Rotenburg, Stade und Cuxhaven, sondern auch durch eine Vielzahl von Beiträgen in Presse, Funk und Fernsehen, bis hin zu einem einstündigen, mit Unterstützung der AG Osteland entstandenen TV-Flussporträt im NDR.

Auch die Naturschutzbemühungen der 7.800 Sportfischer, die im Osteland-Arbeitskreis Wanderfische vertreten sind, hätten dazu beigetragen, die rund 150 Kilometer lange Oste bundesweit als Fluss der Störe bekannt zu machen. Die für das kommende Frühjahr zugesicherte Freisetzung der zweiten Hälfte von insgesamt 1.000 Jungtieren des bedrohten Kaviarfischs sei in diesem Zusammenhang nur ein Beispiel.

Große Hoffnung setzt die AG Osteland auf die Anerkennung der 102 Jahre alten Schwebefähre Osten-Hemmoor, des überragenden Wahrzeichens der Region, zum Unesco-Weltkulturerbe. Auf den Weg gebracht wurde 2011 mit Hilfe des Darmstädter Industriearchäologen Rolf Höhmann ein supranationaler Sammelantrag. Mit dem vom Cuxhavener Kreistag beschlossenen Stopp für ein Windparkprojekt in Schwebefährennähe ist, so die Arbeitsgemeinschaft, ein potentielles Hindernis auf dem Weg zum Welterbetitel ausgeräumt worden.

In Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband in Rotenburg, Tourow, und dem Regionalmanagement Börde Oste-Wörpe konnte in den vergangenen Wochen die Feintrassierung eines vielversprechenden weiteren Radwanderwegs abgeschlossen werden. Nach der Erstbefahrung unter Führung der Osteland-Tourenleiter Peter und Monika Prüß im Sommer steht im kommenden Frühjahr die offizielle Eröffnung des 145 Kilometer langen Oste-Radwegs an. Die neue Route verbindet die Quellregion bei Tostedt mit dem Küstenmuseum Natureum Niederelbe an der Ostemündung bei Balje im Landkreis Stade.

Mit Erfolg hat sich die AG Osteland im April mit einer kleinen Demonstration ("Ein Fluss braucht Brücken“) für die Reparatur und Öffnung einer gesperrten Ostebrücke in Granstedt bei Selsingen eingesetzt.

Auf gutem Wege sind auch einige Vorhaben, die Oste gemäß EU-Vorgabe in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen, indem Wehre und andere Hindernisse für Wanderfische wie Lachs und Stör entschärft werden. Wo sich – wie etwa bei einem historischen Stauwehr bei Groß Meckelsen – Konflikte zwischen Naturschutz und Denkmalschutz ergeben, unterstützt die Arbeitsgemeinschaft den Niedersächsischen Heimatbund bei dessen Bemühungen um einen Interessenausgleich.

Erfreulich gestaltet hat sich auch die Mitgliederentwicklung der AG Osteland, wie Schatzmeister Johannes Schmidt (Hemmoor) resümiert: Der Verein, der 2004 von zehn Ostefreunden gegründet worden war, konnte kürzlich den Rundfunkredakteur Harald-Gerd Brandt aus Offensen (Kreis Rotenburg) als 450. Mitglied begrüßen.

Als Werbeträger für die Region betrachten die Vereinsmitglieder auch die Literatur über den Fluss, die durch etliche neue Titel bereichert worden ist. Bei einem Fährfest in Osten stellte die AG Osteland das von ihr herausgegebene Buch "Die Geschichte der Fähren an der Oste“ vor, das die Heimatforscherin Gisela Tiedemann (Wingst) verfasst hat.

Eine Lesungsreihe mit dem Titel Mörderischer Herbst präsentierte neue Krimis von Thomas B. Morgenstern, dem Gnarrenburger Axel Roschen und Wilfried Eggers, die am Fluss geschrieben oder angesiedelt sind. Für Mitte 2012 erwartet der Osteland-Arbeitskreis Krimiland Kehdingen-Oste das Erscheinen des 50. Regionalkrimis, das mit einem kleinen Festival gefeiert werden soll.

Die Oste wird übrigens auch in der Musik immer mehr zum Thema. Thees Uhlmann besingt seine Jugend hinterm Ostedeich in Hemmoor. Premiere hatte 2011 in Estorf (Kreis Stade) die Schwebefähren-Hymne "Fährmann, hol över“ der Folk-Gruppe Liederjan. Die Buxtehuder Frauen-Band Kaktusblüte ging mit ihrem Song "Das Paradies der Abgeschiedenheit“ auf Tournee. Der Platt-Rocker Rollo 333 schuf ein Stück mit dem Titel "Mit\'n Boot op\'e Oost“ und der Kinderchor Kehdingen trug das von Chorleiter Christian Clasen verfasste Lied "Kleiner alter Leuchtturm“ vor, das dem markanten Seezeichen in Balje nahe der Ostemündung gewidmet ist.

Neben vielen Gründen zur Freude, gibt es auch Grund zur Sorge. Die Arbeitsgemeinschaft macht sich zurzeit Gedanken wegen der zunehmenden Vermaisung der Region, vor allem am Oberlauf der Oste, und der ungesicherten Zukunft des Natureums Niederelbe an der Mündung. Dieser kulturelle Leuchtturm und Tourismusmagnet muss, so die Ansicht der AG Osteland, endlich durch die seit zehn Jahren geplante Erweiterung attraktiv und zukunftssicher gestaltet werden.

© Rotenburger Rundschau GmbH & Co. KG

Quelle: http://www.rotenburger-rundschau.de/redaktion/redaktion/aktuell/data_anzeigen.php?dataid=90607

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