Mietklausel soll rechte Läden in #Tostedt verhindern – Das Forum für Zivilcourage appelliert an Vermieter. Ein Zusatzparagraf im Mietvertrag soll eine Kündigung in Zukunft erleichtern.

Das Forum für Zivilcourage sucht zurzeit die Unterstützung aller Vermieter in Tostedt und Umgebung, um zu verhindern, dass sich ein neu vermietetes Geschäft zu einem Treffpunkt der rechtsextremen Szene entwickeln kann. Helfen soll dabei eine Mietklausel, die Vermieter bei Gewerbeneuvermietungen in die Verträge aufnehmen sollen. Der Zusatzparagraf würde eine Kündigung ermöglichen, sollten Ladenbetreiber Sortimente mit Bezug zur rechten Szene verkaufen.

Hintergrund: Das Forum für Zivilcourage hält es für wahrscheinlich, dass ein Neonazi oder ein Strohmann die Tradition des Szeneladens "Streetwear Tostedt" woanders in der Samtgemeinde Tostedt fortsetzt, sollte der Ladenbetreiber und bekannte Rechtsextremist Stefan Silar tatsächlich sein Geschäft schließen. Der "Streetwear"-Laden in der Ortschaft Todtglüsingen gilt laut Niedersächsischem Innenministerium als Anlaufstelle der überörtlichen rechtsextremistischen Szene und war häufig Anlass für Auseinandersetzungen Linker und Rechter.

Das Landgericht Stade hat Stefan Silar Anfang August wegen Landfriedensbruchs zu neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Auflage für die Bewährungsstrafe ist, dass Silar sein Geschäft schließt. Noch ist der Laden aber geöffnet. Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Stefan Silar hat nach Angaben des Forums für Zivilcourage den Gerichtsbeschluss beim Oberlandesgericht Celle angefochten.

"Die Geschäftsaufgabe wäre ein empfindlicher Schlag für die rechte Szene", sagt Ulrich Graß vom Forum für Zivilcourage. Der "Streetwear"-Laden sei mehr als ein Geschäft. Er diene als Versammlungsort und als eine Art inoffizieller Jugendraum, in dem Rechte junge Leute anwerben. Diese Verbindung aus Geschäft und Treffpunkt sei ein großer Pluspunkt für die rechte Szene.

Um zu verhindern, dass ein Strohmann Silars das Gewerbe und damit das Organisationszentrum der norddeutschen rechten Szene weiterführt, appelliert das Forum für Zivilcourage an alle Eigentümer von Immobilien mit leer stehenden Geschäften, nicht an Mitglieder der rechten Szene zu vermieten.

Damit Rechtsextremisten einen neuen Treffpunkt nicht als Boutique tarnen können, empfiehlt das Forum für Zivilcourage, Mietverträge um eine Klausel zu ergänzen. Damit verpflichtet sich der Mieter, dass sein Sortiment keine rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Inhalte haben wird. Sollte der neue Ladenbetreiber etwa Kleidung der Marke "Thor Steinar" verkaufen, könnte dies aufgrund der Klausel ein Grund sein, den Mietvertrag zu kündigen. Das Modelabel gilt als Erkennungszeichen unter Rechtsextremen. "Streetwear Tostedt" vertreibt diese Marke und bietet zurzeit CDs von Musikern an, deren Gesinnung eindeutig ist: "Aufbruch & Nuremberg - Union Skinhead" oder "Blutrausch - Hier steh'n wir wieder" sind nur zwei Beispiele aus dem Katalog des Ladens.

Die Klausel gegen rechtsextremistische Wirtschaftsunternehmen für Gewerbemietverträge hat die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) zusammen mit dem Rechtsanwalt Sven Richwin entwickelt. Sie werde inzwischen in ganz Berlin eingesetzt, heißt es in der Broschüre "Ladenschluss jetzt!" der MBR. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Die Mitglieder des Forums für Zivilcourage haben inzwischen etwa 15 Immobilienbüros und private Vermieter von Ladengeschäften aufgesucht und über die Zusatzklausel informiert. Je näher dran an Tostedt, desto positiver sei die Reaktion gewesen, sagt Ulrich Graß: "Bei den Tostedter Gewerbetreibenden herrscht Einigkeit, sie wollen keinen rechten Treff."

Ulrich Graß weiß aber auch: Sollte bei einem Vermieter allein das wirtschaftliche Interesse im Vordergrund stehen, könnten die rechte Szene in Tostedt doch noch zu einem neuen Zentrum kommen. "Was uns Hoffnung macht", sagt der Gymnasiallehrer, "ist, dass es den Rechten offenbar immer schwerer fällt, ein Objekt zu kaufen, weil ihnen das Geld fehlt."

In der Schließung des "Streetwear"-Ladens sieht das Forum für Zivilcourage eine große Chance für Tostedt. Vorbei wäre der braune Spuk dann aber noch nicht, sagt Graß. Immerhin gebe es in Tostedt eine rechte Szene mit mindestens 30 Menschen. Die Arbeit des Forums für Zivilcourage gehe auf jeden Fall weiter. Man wolle nicht nur auf den Laden starren, sondern alles dafür tun, dass Jugendliche nicht auf menschenverachtende Parolen hereinfallen.

Quelle: http://www.abendblatt.de/region/harburg/article2022143/Mietklausel-soll-rechte-Laeden-in-Tostedt-verhindern.html

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